Die Flamme lebt

Zentrale Aussagen

Mir scheint es an der Zeit, aufzuhören mit der ständigen retrospektiven Interpretation jedes Atemzuges oder noch so kleinen Fettklümpchens des Künstlers. Zeit, aufzuhören mit der Polarisierung über die Deutungshoheit des Werkes zwischen Herrn Riegel (und Fans), der seit fast 10 Jahren auf der Suche nach dem Nationalsozialisten Beuys ist und den Schülern und Fans von Joseph Beuys. Zeit, aufzuhören ständig ein Berg Forschung, Historie und vergangene Diskussionen vor das Werk des Künstlers zu stellen, bevor man ihm begegnen darf.

Wie viele Biografien von Mozart muss man lesen, bevor man sich in eine Oper setzen darf? Ist die Musik weniger genial, weil Mozart erotische Briefe an seine Cousine schrieb? Muss man wissen, dass er auf der Suche nach einer Anstellung ohne Erfolg durch Europa reiste, um von seinem Requiem berührt zu sein? Hilft es, sich mit der Geschichte der Freimaurer zu beschäftigen, deren Mitglied Mozart war, um ein Klavierkonzert zu hören und inspirierend zu finden?

 

Joseph Beuys ist von ungeahnter Aktualität, das wird in diesen Jubiläumsjahr 2021 oft gesagt. Doch diese Aussage vermittelt nicht die ganze Dimension. Joseph Beuys liefert Lösungen, Impulse und Maßstäbe für die Zukunft! Da sollten wir hinschauen, dafür gilt es sich zu begeistern, das sollte in diesem Jubiläumsjahr vermittelt und diskutiert werden!

Einige Beispiele

  • Joseph Beuys hat immer und eindrücklich davor gewarnt, dass unser Wirtschaften, unser Umgang mit der Natur der Menschheit die Lebensgrundlage entzieht. Gibt es angesichts von Klimawandel, Wasserknappheit und der Vermüllung der Meere dem etwas entgegenzusetzen? Kann es eine andere Reaktion, als die der Zustimmung geben?
  • Aus vielen Zitaten und Werken von Joseph Beuys spricht großes Mitgefühl, große Empathie, umfassende Wertschätzung für Schöpfung, Leben und Menschen. Die UN hat für den Erhalt der Schöpfung die 17 Sustainable Development Goals auf den Weg gebracht. Wer je in einem Zeit- oder Selbstmanagementseminar war, weiß welch ein Ding der Unmöglichkeit es ist 17 Ziele gleichzeitig zu verfolgen. Wie wäre es, im Sinne von Beuys sich nur ein, dafür umfassendes Ziel auf die Fahne zu schreiben? Wie wäre es mit Wertschätzung? Wertschätzung - immer und überall, daraus ergäbe sich im Sinne von Beuys die Wertschätzungsökonomie und die Welt wird eine andere.
  • Immer wieder hat Joseph Beuys darauf hingewiesen, dass die anstehenden Probleme nur durch die Menschheit als Ganzes gelöst werden können. Nun müssen wir die Corona-Pandemie erleben, um zu erkennen und zu erleben, dass diese Aussage stimmt.
  • Joseph Beuys war überzeugt vom Erfindungsreichtum des Menschen, er war überzeugt, dass nur der Erfindungsreichtum des Menschen die heutigen Probleme lösen kann, und er war davon überzeugt, dass uns das gelingen kann. Damit die Kreativität der Menschen umfassend zur Geltung kommen kann, wird die ganze Welt eine einzige Akademie. Allein die Tragweite dieser einen Beuys’schen These würde die Welt in ungeahnter Weise verändern. Wenn die Menschen Krisen und Herausforderungen, als Lernerfahrungen begreifen würden, könnte man auf jegliche Schuldzuweisungen verzichten. Denn bei unbekannten Situationen, bei Herausforderungen und Krisen erscheint immer eine grundsätzliche Frage (die Sie täglich am Arbeitsplatz oder der Familie überprüfen können): Will ich Schuld zuweisen oder bin ich bereit zu lernen? Welch einen anderen Umgang mit der Corona-Pandemie würden wir erleben, würden sich mehr Menschen diesem Akademiegedanken verpflichtet fühlen.
  • Joseph Beuys hat die Parteien und die Demokratie kritisiert. Was aber so gar nichts mit heutigen selbst ernannten Querdenkern zu tun hat. Beuys bezeichnete unsere Demokratie als „unvollkommene Demokratie“ da bei Mehrheitsentscheidungen immer eine überstimmte Minderheit zurückbleibt. Jeder, der einmal in einem Projektteam mitgearbeitet oder Teil eines Vereins oder Elternbeirates war, weiß wie destruktiv sich eine überstimmte Minderheit verhalten kann. Beuys erwähnt bereits einen Ausweg, nämlich das Herstellen eines Konsensus. Heute 40 Jahre später finden Konzepte wie systemisches Konsensieren oder Soziokratie großes Interesse. Die Niederlande sind Vorreiter bei diesen Konzepten. Es gibt in niederländische Gemeinden, die soziokratisch arbeiten. Unternehmen, die soziokratisch organisiert sind, dürfen auf Betriebsräte verzichten. Weil – mehr Mitbestimmung kann es nicht geben!

Das ist Beuys weitergedacht.

 

 

 

 

 

 

 

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